150 Jahre Turnverein Ingolstadt von 1861

                                           – der lange Weg unseres Vereins –

 Am 19. Juli 1861 folgten 65 Bürger der Stadt Ingolstadt dem Ruf der erst ein Jahr vorher ins Leben gerufenen Deutschen Turnerschaft um den ersten Turnverein in Ingolstadt zu gründen. Der Zweck des Vereins, der zunächst den Namen „Männerturnverein von 1861“ erhielt, war die Hebung des Turnwesens als Mittel zur körperlichen und sittlichen Kräftigung, sowie der Pflege des deutschen Volksbewusstseins und vaterländischer Gesinnung. Unter den ersten Mitgliedern waren der damaligen Zeit entsprechend Angehörige des Militärs und ein Leutnant mit einigen Unteroffizieren übernahm die turnerische Leitung. Übungen wurden zunächst im Freien abgehalten, und zwar auf dem Garnisionsturnplatz des kgl. bay. 7. Infanterieregiments vor dem alten Hardertor. Das erste Vereinsheim war beim nahe gelegenen „Bräu am Berg“. Um den Turnbetrieb auch im Winter aufrecht erhalten zu können wurde noch im gleichen Jahr der ehemalige Schwenninger Garten mit Stadel gepachtet und mit verschiedenen Turngeräten ausgestattet. Im Oktober trat der Verein dem kurz vorher gegründeten Bayerischen Turnerbunde bei.

Bereits im Jahre 1862 wurde den Turnern von den Frauen und Jungfrauen der Stadt eine prächtige Fahne übergeben, die noch bis zum heutigen Tage unsere Vereinsfahne ist und erst bei unserer Jubiläumsveranstaltung zur 150-Jahrfeier, am 09.09.2011 durch eine neue Vereinsfahne abgelöst wird. Die Fahne von 1862 wird in einer Glasvitrine in unserer Vereinsgaststätte aufgewahrt.

Schon 1863 hatte der Verein über 100 Mitglieder und trat geschlossen der damals neu gegründeten Feuerwehr bei. Das Verhältnis der beiden Vereine war bald so gut, dass eine Generalversammlung vom 03.08.1865 beschloss, die beiden Vereine unter dem Namen Turn- und Feuerwehrverein Ingolstadt von 1861 zu verbinden. Sportstätten waren damals in der „Hohen Schule“ und im Jahre 1872 die erste städtische Turnhalle im Sebastiansgarten mit ihrem großen freien Platz. In der Folgezeit traten die einzelnen Belange der ursprünglichen Vereine in den Vordergrund. 1880 traten verschiedene Turnersänger aus dem Verein aus und gründeten den Musikverein. 1881 taten sich trat eine Gruppe unzufriedener Turner aus und gründete den Männerturnverein von 1881. Schließlich trennten sich 1886 im gegenseitigen Einvernehmen auch die übrigen Turner von der Feuerwehr und gingen von nun an unter dem Namen „Turnverein von 1861“ ihren eigenen Weg und ihrem eigenen Sport nach. Die Versuche, die beiden damaligen hiesigen Turnvereine wieder zu vereinen scheiterten. 1889 trat der Turnerverein von 1861 aus dem Grenzturngau aus und gründete mit noch sechs anderen Vereinen den neuen Donau/Ilm-Gau. 1909 gelang es den beiden hiesigen Turnvereinen das 13. Bayerische Bundesturnfest nach Ingolstadt zu bringen, was insbesondere dem Turnverein von 1861 zu einem enormen Aufschwung verhalf.

In der Folgezeit begann man, die Leibeserziehung für breitere Schichten und außer Turnen für weitere Sportarten zu ermöglichen. Beim „TV 1861“ löste man das Problem 1910 mit der Gründung von Spielmannschaften. Unter dieser Bezeichnung wurde damals in Ingolstadt erstmals die Sportart betrieben, die dann unter dem Namen Leichtathletik bekannt wurde. 1910 wurde auch das Schüler- und Frauenturnen im Verein aufgenommen und eine Fußballmannschaft begründet.

Die Mitgliederzahl wuchs ständig und der Sportbetrieb weitete sich aus. Die vorhandenen Übungsgelände wurden zu klein man brauchte größeren Platz. 1911 erwarb der Verein ein Grundstück an der Gaimersheimer Straße und baute dieses als Sportplatz aus und errichtete 1912 auch darauf eine Tribüne mit Umkleideräumen, die am 16.08.1912 eingeweiht wurde. 1921 wurde durch das Entgegenkommen des Bürgerlichen Brauhauses die Schwaben- bräukasematte als „Vereinsheim“ übernommen und 1922 wurde in Gemeinschaftsarbeit eine Aschenbahn gebaut. 1925 wurde die erste Herausgabe eines Vereins-Nachrichtenblättern beschlossen. 1923 war das Gründungsjahr für die Abteilungen Handball, Hockey und Schwimmen. 1926 trat die Ingolstädter Fechterschaft dem TV 1861 bei und bildete eine weitere Abteilung. Für den Verein begann die Epoche einer gesunden Entwicklung, die bis 1936 andauerte. In diesem Jahr erfolgte die Eingliederung in den „National-Sozialistischen-Reichsbund für Leibesübungen“, was einen schweren Eingriff in das Eigenleben der Vereine bedeutete. Sie verloren ihre Selbständigkeit und errichten schließlich noch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges einen absoluten Tiefpunkt.

1945 bestimmte die Militärregierung was geschah. Der Sportplatz an der Gaimersheimer Straße wurde gesperrt und die Geräte verschleppt. Dem Verein drohte aus politischen Gründen die Auflösung und man musste sich gegen die geplante Fusionierung aller Ingolstädter Sportvereine wehren. Die neu gefundene Vereinsführung mit Georg Grimm, unterstützt von Michael Haltmeier, Franz Pfliegl und Karl Dumann , nahm mutig den Kampf um den Fortbestand des Vereins auf und ging zunächst wieder an die Bildung der einzelnen Abteilungen. Zuerst kamen die Fußballer, dann die Handballer, später die Turner, Schwimmer, Leichtathleten und Fechter. Ein beispielhafter Aufschwung folgte. Der TV 1861 wurde wieder gesellschaftsfähig; das sportliche Niveau stieg. Der Platz wurde instand gesetzt, eine Tribüne mit Umkleide- und Waschräume umgebaut, sorgte für eine Warmwasseranlage, bemühte sich um die Rückgewinnung der Schwabenbräukasematte als Vereinsheim und baute ein Jugendheim. Neben zahlreichen sportlichen Erfolgen kamen auch gesellschaftliche Veranstaltungen hinzu. So war z.B. die „Tolle Nacht der TV-nesier“ lange Zeit einer der Höhepunkte im Ingolstädter Fasching. Trotz Auflösung der Schwimmabteilung hatte der Verein eine große Stabilität erreicht. Der Sportbetrieb wurde erweitert. Man begann mit dem Kegeln, befasste sich mit Berg- und Skisport und eine Volleyballabteilung kam hinzu. Weitere Übungsmöglichkeiten mussten beschafft werden. Die Stadt Ingolstadt half, wo sie helfen konnte und stellte einen Trainingsplatz und die nötigen Turnhallen zur Verfügung. Ein zusätzliches Grundstück wurde gepachtet und als Sportplatz hergerichtet. Schließlich wurde zur Freizeitgestaltung ein Bergheim in Going (Tirol) gemietet und entsprechend ausgebaut. Leider läuft dieser Mietvertrag Ende 2011 aus und wurde durch die Eigentümer wegen Eigennutzung des Objektes nicht mehr verlängert. .

1970 wurde eine Tischtennisabteilung ins Leben gerufen und im 110. Vereinsjahr wurde der Tennissport Bestandteil des sportlichen Angebotes. Das bei der Gründung der Abteilung vorhandene großen Interesse ist leider im Laufe der Zeit verloren gegangen, was jedoch keinesfalls an unseren noch tennisspielenden Mitgliedern liegt, sondern vielmehr an der Lage der Anlage an der Gabel außerhalb der Stadt, was für Jugendliche ein großes Handicup darstellt.

In den folgenden Jahren ging der älteste Ingolstädter Verein jedoch einer Bewährungsprobe entgegen. Die Stadt Ingolstadt wollte das vereinseigene Gelände an der Gaimersheimer Straße für den Wohnungsbau erschließen. Ein Sportzentrum im Nordwesten der Stadt mit dem alleinigen Nutzungsrecht des TV 1861 wurde als Alternative angeboten. Die Zahlungsunfähigkeit der Reitsportgemeinschaft, die sich mit dem Erwerb ihrer Anlage zu viel zugemutet hatte, beeinflusste den Denkprozess des Vereins nicht unerheblich und auch um den Reitern in ihrer Situation zu helfen nahmen die TV-ler das Angebot der Stadt an, verkauften einen Teil ihres Sportplatzes an der Gaimersheimer Straße an eine Baugesellschaft und übernahmen die Reitsportanlage an der Gabel mit allen noch offenen Verpflichtungen. Eine weitere Abteilung kam so zum Verein dazu.

Im Frühjahr 1974 war der Flächennutzungsplan für das Sportzentrum Nord-West erstellt und man konnte mit Planung und Bau beginnen. Am 25. Juli 1975 wurde Richtfest gefeiert und am 20. Dezember 1975 konnte die Übergabe der Anlage an den TV 1861 gefeiert werden.

Bis zur Fertigstellung des Sportzentrums Nord-West mussten nicht unerhebliche Ein- schränkungen im Sportbetrieb verkraftet werden, was leider dazu führte, dass etliche Mitglieder den Verein wechselten, so vor allen Dingen ein Großteil der Leichtathleten, die sich dem MTV Ingolstadt anschlossen.

In der Jahreshauptversammlung 1976 wurde der Bau einer Bowlinganlage mit 14 Bahnen beschlossen, die bereits 1977 eingeweiht, was zur Folge hatte, dass die Ingolstädter Bowler zum TV 1861 überwechselten und als Abteilung unser Sportangebot erweiterten.

1977 genehmigte die Stadt Ingolstadt Mittel für den Bau von Stockbahnen, die dann sogleich errichtet wurden. In Eigenleistung errichtete die neu gegründete Stocksschützenabteilung daneben ein schmuckes „Stockschützenhaus“, ihre „Hans Lanzhammer Hütte“. Jugendliche Brandstifter legten dieses Heim im Jahre 2009 in Schutt und Asche. Die Abteilung stand vor dem Nichts, da im Heim neben der kompletten Einrichtung der Großteil ihrer Sportgeräte mit verbrannte. Inzwischen gehen die Stockschützen in ihren neuen Räumen wieder ihrem Sport nach.

Ab dem Jahre 1979 konnten die Abteilungen sich wieder voll ihrem Sportbetrieb widmen, denn die Anlage war nun komplett fertig gestellt. Der „Umzug“ ins neue Heim brachte den erhofften Mitgliederzuwachs. Weitere neue Abteilungen wie Badminton, Judo und Teak- wondo kamen hinzu.

Im Jahre 1982 beschloss man, dem damaligen Trend folgend, ein Fitness-Center, bestehend aus Kraftraum, Sauna und Solarium zwischen der Bowlinganlage und der Dreifachturnhalle zu errichten. Die Anlage wurde bereits 1983 in Betrieb genommen und fand anfangs auch den erhofften Zuspruch. Doch bald musste der Verein einsehen, dass sich die Anlage bei weitem nicht trägt und deren Instandhaltung und Unterhalt kostenmäßig dem Verein nur große Nachteile aufbürdet.

Beim letzten Vereinsjubiläum, der 125-Jahr-Feier im Jahre 1986, konnten die Mitglieder des TV 1861 in sechzehn Abteilungen ihrem Lieblingssport nachgehen. Der TV 1861 hatte fast 2400 Mitglieder.

Aber noch Ende 1986 musste die damalige Vorstandschaft den Mitgliedern mitteilen, dass der Verein seinen finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte. Ein Überlebens-Kampf begann und nur unter Mithilfe der damaligen Ehrenmitglieder Dr. Georg Mehlhorn und Hermann Wahl gelang es nach langem Suchen mit Toni Mair einen Neuen Vorsitzenden für den Verein zu finden. In den Folgejahren wurde verzweifelt nach Lösungen aus der finanziellen Notlage gesucht, doch alle Anstrengungen waren wie ein Tropfen Wasser auf einen heißen Stein.

1996 stand der Verein vor der Insolvenz. Bei einer außerordentlichen Delegierten- und Mitgliederversammlung wurde beschlossen, das Gelände an der Gabel (Reitsportanlage) und Bowlinganlage (samt Fitness-Center) zu verkaufen, was dann auch geschah. Ferner wurde die Dreifachhalle an die Stadt Ingolstadt übertragen. Robert Ismaier (inzwischen Ehrenmitglied) wurde zum neuen Vorsitzenden und Gerd Gröpler zum neuen Stellvertreter gewählt. Zusammen mit dem weiteren langjährigen Vorstandsmitglied Peter Kube (inzwischen Ehren-mitglied) gelang es der Vorstandschaft durch großen Einsatz und unter Mithilfe der Stadt Ingolstadt, der Brauerei Herrnbräu und den Banken den Verein in den Folgejahren wieder in ruhiges Fahrwasser zu manövrieren, langsam gesund zu schrumpfen und ihn der neuen Vorstandschaft unter Klaus Mayer im Jahr 2008 beinahe schuldenfrei zu übergeben.

Inzwischen wurde unser Sportgelände vollkommen eingezäunt, womit der Vandalismus fast gänzlich abgeschafft wurde. Dafür ein ganz besonderes Dankeschön an die Stadt Ingolstadt. Um die ständig wachsenden Energiekosten zu senken wurden die Fenster der Vereins-Gaststätte und im Büro ausgewechselt und wird derzeit die Dachkonstruktion samt Isolierung erneuert. Weitere erforderliche Arbeiten deuten sich bereits an.

Im Jahre 2000 wurde die Bezirkssportanlage Nord-West erweitert. In diesem Zusammenhang entstand ein bundesligataugliches Baseball-Stadion auf dem Gelände und bekam dieser Sport endlich ein zu Hause in Ingolstadt. Hier gebührt unserer neuen Abteilung ein besonderes Lob für ihr großes Engagement und die vielen Eigenleistungen, die sie mit ihren Abteilungsmitgliedern erbrachte und seither erbringt. Letztendlich wurde ein der Sportplätze in der Weise erweitert bzw. umgerüstet, dass auch hier eine bundesligataugliche Sportfläche entstand. Diese letzte hinzugekommene neue Abteilung in unserem Verein hat ebenfalls bereits hervorragende sportliche Erfolge zu verzeichnen, stellt in der Zwischenzeit bereits eine Damenmannschaft, und ist eine weitere absolute Bereicherung für unseren Verein.

Die Abteilungen Reiten und Leichtathletik gibt es inzwischen nicht mehr. Die Mitgliederzahl ist, wie bei allen Stadtvereinen, rückläufig, die Kostenspirale für den Verein dreht sich ständig nach oben. Wenn man glaubt, ein Problem gelöst zu haben, ist schon das nächste da. Dies alles sind Punkte, die es niemanden schmackhaft machen, den Verein ehrenamtlich und zum Wohle und zur Freude seiner Mitglieder zu führen. Und Trotzdem wollen und dürfen wir auch in Zukunft nichts unversucht lassen, unseren Verein voranzutreiben, das Erarbeitete zu erhalten und auszubauen, unseren Mitgliedern ein „zu Hause“ bieten und zu schaffen, den Sportgeist und das Gemeinschaftsgefühl zu fördern und uns nach Außen so zu geben und so aufzutreten, dass wir überall willkommen sind und angesehen bleiben.

Dies alles können wir nur erreichen mit vielen ehrenamtlichen Helfern, denen wir für die Vergangenheit und schon heute bereits für die Zukunft ein herzliches Dankeschön für Ihr Tun sagen und auf die wir sehr stolz sind.